Amazonien: Land und Menschen unter Druck
Tausende Vertreterinnen und Vertreter indigener Völker versammelten sich Ende April in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia, um durch die „Aktion Freies Land“ (Acampamento Terra Livre) gegen die Politik der Regierung Bolsonaro zu protestieren und eine Zurücknahme der Änderungen in der Indigena-Gesetzgebung zu fordern. Durch ein Dekret (Medida Provisoria) der Regierung war die staatliche Indigena-Behörde mit 1.1.2019 dem brasilianischen Landwirtschaftsministerium untergeordnet worden, das von den Interessen der Agroindustrie dominiert ist, die eine Expansion der Agrarflächen verfolgen.
Indigenes Land, das oft noch intakter Urwald ist, soll nach dem Willen der Regierung Bolsonaro vermehrt für die wirtschaftliche Ausbeutung zur Verfügung stehen. Das bedroht die indigenen Völker in ihrer Existenz. Durch Protestaktionen und Verhandlungen konnten sie Zusagen von den Präsidenten des Senats und des Abgeordnetenhauses erreichen, sich für die Rücknahme der Erlässe einzusetzen. Besonders bemerkenswert war die Mobilisierung indigener Frauen. So wurde z.B. das “Coletivo de Mulheres Indigenas Suraras” vom Fluss Tapajós von der Abgeordneten Joênia Wapichana aus dem Bundesstaat Roraima empfangen. Ermöglicht wurde das durch das kirchliche Netzwerk REPAM. Die indigenen Frauen betonten die Notwendigkeit, in diesem historischen Moment den Familienhaushalt zu verlassen und zusammen mit ihren Männern, den Kriegern des Volkes, das angestammte Territorium zu verteidigen.
Um die Verteidigung des Rechtes auf Land geht es auch bei den vielen Landkonflikten, die in Brasilien geschehen. Die bischöfliche Landpastoral-Kommission präsentierte Ende April eine erschreckende Dokumentation über die Landkonflikte des Jahres 2018. Es gibt Auseinandersetzungen um fast 40 Millionen Hektar Land, wovon liegen 97 Prozent im Amazonasgebiet. Fast 600.000 Menschen waren in der Amazonasregion von Konflikten betroffen, und landesweit fast eine Million. Auch bei weiteren traurigen Zahlen liegt das Amazonasgebiet weit vorne: 24 von 28 Personen, die 2018 bei Landkonflikten ermordet wurden, waren aus Amazonien (16 aus Pará, 6 aus Rondônia und 2 aus Mato Grosso). Diese Zahlen belegen, dass die Amazonasregion und die dort lebenden Kleinbauern, Flussbewohner und Angehörigen indigener Völker massiv bedroht sind von der Ausbreitung der agroindustriellen und extraktivistischen Wirtschaft und den Interessen ihrer Profiteure in Brasilien und in der ganzen Welt. Zugleich wird daran deutlich, wie wichtig die Amazoniensynode ist, die im Oktober in Rom stattfinden wird und die das Ziel einer „ganzheitlichen Ökologie“ verfolgt, um das Leben der Armen und das Biom Amazonien zu verteidigen.