Spendenbericht 2016: Neuer Rekord und Sorgen über neue Deklarationspflicht
Wien, 29.11.2016 (KAP) Der Fundraising Verband Austria (FVA) hat mit dem Spendenbericht 2016 einen neuen Rekordwert für in Österreich geleistete Spenden bekannt gegeben: Die Österreicher und Österreicherinnen spendeten demnach im Jahr 2015 insgesamt 625 Millionen Euro - um 55 Millionen mehr als 2014, teilte FVA-Geschäftsführer Günther Lutschinger am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien mit. Der Löwenanteil von 72,32 Millionen entfiel dabei auf die Caritas, die das noch 2014 an der Spitze liegende Rote Kreuz (71,73 Millionen Euro) knapp hinter sich ließ. Für Caritas-Österreich-Generalsekretär Bernd Wachter signalisieren die Zahlen "ganz klar eines: Die Bevölkerung ist bei weitem solidarischer als man uns aktuell seitens der Politik zu vermitteln versucht".
In die Freude über den an der Spendenbereitschaft ablesbaren "Indikator für sozialen Zusammenhalt in unserem Land" - so Lutschinger - mischte sich jedoch Sorge über die ab 2017 geltenden Regelungen "Spendenabsetzbarkeit NEU". Um Spenden beim Finanzamt als steuermindernd geltend zu machen, müssen Spender künftig Namen und Geburtsdatum deklarieren - und das für jede Organisation, der sie Geld zukommen lassen.
Mit insgesamt 187 Millionen Euro wird in Österreich derzeit fast jeder dritte Spenden-Euro steuerlich geltend gemacht, geht aus den FVA-Daten hervor; rund 900.000 Österreicher nutzen die Absetzbarkeit. Ab 1. Jänner 2017 ändern sich die Regeln für die Steuerabsetzbarkeit allerdings grundlegend, wies Lutschinger hin: Dann können nicht mehr die Bürger selbst ihre Spenden als Sonderausgaben geltend machen, sondern die jeweils begünstigten Organisationen müssen die erforderlichen Daten sammeln und an die Finanzbehörden weiterleiten. Für die Spender bedeutet dies eine Deklarationspflicht, sofern sie ihre Spenden absetzen wollen; dagegen hätten viele Vorbehalte. "Für die Organisationen bedeutet dies einen enormen Mehraufwand", erklärte Lutschinger. Vor allem kleinere Organisationen seien "alarmiert".
Die Spender selbst sind über die anstehenden Änderungen weitgehend uninformiert, wie eine aktuelle Studie von "Public Opinion" ergab: 80 Prozent der Spender haben die Änderungen bisher nicht zur Kenntnis genommen und wünschen sich gezielte Informationen durch Medien und das Finanzministerium.
Österreich kein "Spendenweltmeister"
Die Spendenrekordsumme des Jahres 2015 dürfte auch heuer erreicht werden, prognostizierte der FVA-Geschäftsführer; 25 bis 30 Prozent der Spenden entfallen allerdings in die noch laufende Vorweihnachtszeit. Mit der Summe durchschnittlich 122 Euro pro Spender und 72 Euro hochgerechnet auf alle Einwohner ist Österreich allerdings weit davon entfernt, "Spendenweltmeister" - wie mancherorts behauptet - zu sein. Weit spendenfreudiger sind etwa die Briten mit dem europäischen Spitzendurchschnittswert von 260 Euro; aber auch die Schweizer, Schweden, Iren oder Niederländer lassen die Österreicher in punkto Großzügigkeit weit hinter sich.
Bemerkenswerte Unterschiede ergibt laut dem Spendenbericht auch der innerösterreichische Bundesländervergleich: Südösterreicher (Steiermark, Kärnten) spenden demnach mit durchschnittlich 178 Euro pro Spender (Bundesschnitt: 122 Euro) am meisten, bei der Spendenbeteiligung hingegen sind Niederösterreicher und Burgenländer klar vorne: Hier spenden mit rund drei von vier Personen (74 Prozent). Schlusslicht bei der Spendenbeteiligung und -höhe ist derzeit Oberösterreich.
Kinder, Tiere, Katastrophen
Weitere Details aus dem Spendenbericht: Hinter Caritas und Rotem Kreuz reihen sich - mit deutlichen Abstand - SOS Kinderdorf, "Ärzte ohne Grenzen" und die Dreikönigsaktion unter die meistbegünstigten Hilfsorganisationen. Unter den Top-25 scheinen mit Missio, "Jugend Eine Welt", MIVA und den Concordia Sozialprojekten weitere kirchlich getragene Organisationen auf. Beim Spenden unterstützen die Österreicher weiterhin am liebsten Kinder, Tiere und die Katastrophenhilfe im Inland, gefolgt von den Zielgruppen Bettler und Obdachlose sowie Flüchtlinge. Über die Beweggründe erklärte "Public Opinion"-Geschäftsführer Bernhard Hofer, an der Spitze lägen hier die Sicherheit, dass die Spenden zweckgemäß ankommen, weiters Sympathie mit der bedachten Organisation und Solidarität mit Bedürftigen. "Im Kommen" sei das Motiv Mitleid.
Caritas-Generalsekretär Wachter freute sich in seinem Statement über das vielfach gelungene Bemühen seiner Organisation, Menschen in deren Arbeit zu involvieren - als haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter sowie als Spender. "Solidarität und Zusammenhalt sind der Kitt einer Gesellschaft", wies Wachter hin. Scharf verurteilte er deshalb jedes "Schlechtreden" der Schwachen wie der Flüchtlinge oder Mindestsicherungsbezieher. Den Zukunftsängsten vieler Österreicher dürfe die Politik nicht "mit dem Blick auf die Biertische" begegnen - wie aktuell im Fall der Mindestsicherungsdebatten. Bei diesem Streitthema seit Monaten gehe es um weniger als ein Prozent der heimischen Sozialausgaben, ärgerte sich Wachter über eine "politische Nebengleis-Diskussion in beschämendem Stil".
(Der Spendenbericht steht unter http://spendenbericht.fundraising.at zum Download zur Verfügung. Weitere Info: www.fundraising.at)
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