Divestment in der Katholischen Kirche
Die Divestment-Entscheidung der Österreichischen Bischofskonferenz hat internationale Bezüge. Weltweit beschließen immer mehr Institutionen, ihre Investitionen aus Unternehmen, welche fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas fördern bzw. produzieren, herauszuziehen. Sie wollen nicht, dass ihre Geldanlagen die Klimakrise anfeuern. Denn gerade kirchliche Einrichtungen sind darauf ausgerichtet, zur Bewahrung unseres gemeinsamen Hauses beizutragen.
Globale Bewegung zum Divestment
Mit dem Beschluss des Pariser Klimaabkommens hat sich die Weltgemeinschaft dazu entschieden, die Nutzung von fossilen Brennstoffen vehement einzuschränken, um die Erderhitzung auf einem für möglichst viele Menschen erträglichem Niveau zu stabilisieren. Das hat in den letzten Jahren viele Menschen und Institutionen dazu bewogen, die Auswirkungen ihrer finanziellen Investitionen auf die Klimakrise zu hinterfragen. Da wir heute wissen, dass das Verbrennen aller vorhandenen fossilen Energieträger zu unvorstellbaren Katastrophen führen würde, beginnen immer mehr Institutionen ihre Finanzanlagen von solchen Unternehmen weg zu nehmen. Zu einem sogenannten Divestment haben sich schon über tausend Organisationen verpflichtet, welche gemeinsam ungefähr 8,55 Billionen US-Dollar an Anlagen verwalten – 28 Prozent davon gehören zu Kirchen und Glaubensgemeinschaften.
Divestment aus dem Glauben heraus
Wir sehen die Katholische Kirche und uns Christinnen und Christen besonders in der Verantwortung, die Schöpfung für zukünftige Generationen und für alle Menschen zu erhalten. Die Katholische Soziallehre weist uns Menschen klar die Rolle als Hüter der Schöpfung zu – diesen Auftrag erfüllen wir heute katastrophal schlecht. Papst Franziskus weist uns in seiner Enzyklika Laudato Sí zudem eindringlich auf den Zusammenhang von Ökologie und sozialer Gerechtigkeit hin: „Wir kommen jedoch heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskussionen aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde.“ (LS 49) Da Klimakrise und Armut untrennbar miteinander verbunden sind haben jene, die den Großteil der Treibhausgas-Emissionen produzieren, die klare Verantwortung ohne zu zögern die Hauptursache zu bekämpfen –die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Im Zentrum der Klimakrise steht damit die Frage nach der Zukunft von Gottes Schöpfung und der gesamten Menschheitsfamilie. Diese geht uns alle an!
Katholische AnlegerInnen in doppelter Verantwortung
Es ist aus dem Blickwinkel der integralen Ökologie nicht länger möglich, wirtschaftliche Aktivitäten isoliert mit einer Profit-Logik zu betrachten und dabei zu ignorieren, dass damit ethische Verpflichtungen einhergehen. Die Katholischen Institutionen haben daher nicht nur in Bereichen wie Energie, Transport, Gebäude und Beschaffung die Aufgabe, ihre ökologischen Auswirkungen zu reduzieren, sondern müssen auch ihre Finanzanlagen dahingehend überprüfen. Die Katholische Kirche in Österreich hat mit den ethischen Veranlagungsrichtlinien vom Herbst 2017 einen wichtigen Schritt dahingehend gesetzt, dass Investitionen von Katholischen Institutionen unter anderem auf den Schutz unseres gemeinsamen Hauses Rücksicht nehmen.
Katholische Anlegerinnen und Anleger müssen jedoch auch berücksichtigen, dass es neben der ethischen Notwendigkeit auch klare finanzielle Gebote gibt, den Klimawandel zu berücksichtigen. Da sich die zur Eindämmung der Klimakrise notwendigen Veränderungen des Wirtschaftssystems massiv auf den Wert von nun nicht mehr nutzbaren fossilen Energieträgern auswirken werden, gibt es auch einen klaren ökonomischen Grund, finanzielle Investitionen aus Unternehmen, welche im Bereich der fossilen Energieträger tätig sind, zurückzuziehen. Finanzielles Risiko und moralische Verpflichtung verstärken sich in der Klimakrise und zeigen die Unumgänglichkeit von Divestment auf.
Wegweisende Entscheidung der Österreichischen Bischofskonferenz
Wir begrüßen sehr, dass sich die Österreichische Bischofskonferenz dazu entschlossen hat, die Divestment-Erklärung des Global Catholic Climate Movement (GCCM) zu unterzeichnen. Zur Umsetzung werden die ethischen Veranlagungsrichtlinien dahingehend zu erweitern, dass innerhalb von fünf Jahren alle Diözesen, die Bischofskonferenz selbst und alle katholischen Einrichtungen in ihrem Wirkungskreis, finanzielle Investments aus allen Unternehmen zurückziehen, welche fossile Energieträger (Kohle, Öl und Erdgas) fördern bzw. produzieren. Damit ist die Österreichische Bischofskonferenz nach Belgien und Irland die dritte Bischofskonferenz weltweit, welche ihr Divestment öffentlich erklärt.
Dieser Schritt macht das dauerhafte Bestreben der österreichischen Bischöfe sichtbar, die Ziele des Pariser Klimaabkommens in ihrem Wirkungsbereich umzusetzen. Die Neuausrichtung der Finanzanlagen folgt den bereits 2015 beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen in den Bereichen Energie und Beschaffung und setzt damit den eingeschlagenen Weg konsequent fort.
Wichtiger Impuls für die Gesellschaft
In den kommenden Monaten wird es von entscheidender Bedeutung sein, wie das Divestment in allen Institutionen umgesetzt wird, wie darüber berichtet wird und wie die Umsetzung überprüft wird. Wir sehen alle Institutionen der Katholischen Kirche aufgefordert, über ihre Erfahrungen und ihren Fortschritt beim Divestment öffentlich zu berichten. So kann der gesellschaftliche Wandel hin zu einem bewussten Umgang mit veranlagtem Vermögen für die Bewahrung der Schöpfung beschleunigt werden.
„In Zukunft werden die Geldanlagen der katholischen Institutionen nicht mehr die Klimakrise anfeuern, sondern zur Bewahrung unseres gemeinsamen Hauses Erde beitragen. Wir hoffen, dass sich auch andere Institutionen dieser Bewegung anschließen“, meinen Anja Appel (KOO) und Hemma Opis-Pieber (Umweltbeauftragte).
Hintergrundinformationen
- Statement von Kardinal Schönborn anlässlich der Entscheidung der Bischofskonferenz (english)
- Presseaussendungen der Koordinierungsstelle (deutsch, english) und GCCM (deutsch, english)
- Informationen zum Divestment katholischer Institutionen des Global Catholic Climate Movements (GCCM)
- „Ethical Investments in an Era of Climate Change“ Eine Anleitung zum Überdenken von Investments von Katholischen Insititutionen, von Trócaire und GCCM
- Übersicht über globale Divestment-Zusagen