Weltklimarat (IPCC) zeigt enorme Ungerechtigkeit und kurzsichtige Technikgläubigkeit auf
Der kürzlich veröffentlichte sechste Sachstandsbericht des weltweiten Wissenschaftsgremiums IPCC gibt einen umfassenden Blick auf Auswirkungen und Handlungsoptionen in der Klimakrise. Wir als Schlüssel-Generation haben ein enorm kleines Zeitfenster zu Handeln und dieses hat Auswirkungen für Jahrtausende.
Im Synthesebericht des International Panels on Climate Change (IPCC) haben hunderte Wissenschaftler*innen die Erkenntnisse der drei Publikationen des von der UN Klimakonferenz beauftragten sechsten Sachstandsberichts zusammengefasst (Physikalische Basis; Auswirkungen, Anpassung und Vulnerabilität; Klimaschutz) und mit den Ergebnissen der drei Sonderberichte (Ozean und Kryosphäre; Klimawandel und Land; Erderhitzung um 1,5°C) zusammengefasst. Das von allen Staaten-Vertreter*innen bestätigte Ergebnis ist – wie zu erwarten – in höchstem Maße alarmierend, zeigt zugleich aber auch die dringend notwendigen Handlungsoptionen auf, welche einen direkten Einfluss auf den Verlauf der kommenden Jahrzehnte und folgender Generationen haben werden.
Ins Auge sticht bei den zusammengefassten Erkenntnissen die faktenbasierte enorme Ungerechtigkeit der Klimakrise. So sterben bisher in besonders von der Klimakatastrophe gefährdeten Gebieten der Welt 15 mal mehr Menschen durch die Auswirkungen als in geschützteren Gebieten, wie dies Österreich ist. Und zugleich wird aufgezeigt, dass Menschen in den gefährdeten Gebieten historisch am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben.
Die Erderhitzung hat zudem bereits heute enorme Auswirkungen auf die menschliche Entwicklung. So sind schon heute (bei „erst“ 1,1°C durchschnittliche Erderhitzung) die Ernährungssicherheit und die Wasserversorgung vieler Menschen bedroht. Die halbe Menschheit leidet heute schon zeitweise unter enormer Wasserknappheit. Klar auf die Erderhitzung zurückzuführen sind auch erhöhte Todesraten überall auf der Welt, mehr Krankheiten sowie die Beeinträchtigung der mentalen Gesundheit. Und auch Migration und Entwurzelung fast überall auf der Welt – aber insbesondere in den kleinen Inselstaaten – sind eindeutig mit der Klimakrise verbunden. Nicht zuletzt verstärken die zunehmenden Schäden und Verluste aufgrund der Erderhitzung die soziale und Geschlechter-Ungleichheit.
So schnell wie derzeit hat sich die Welt noch nie erwärmt und die aktuelle CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat es zuletzt vor 2 Millionen Jahren gegeben – das war noch vor der Steinzeit. Aber das IPCC zeigt auch auf, dass rasches Handeln auch in absehbarer Zeit positive Veränderungen bewirken kann. Es gibt laut den Wissenschaftler*innen ein sich rasch schließendes Fenster, in dem es noch möglich ist, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Und sowohl die Technologie als auch das Geld ist global vorhanden, um unsere Gesellschaften zu transformieren. Welche Maßnahmen wir auch immer in diesem Jahrzehnt setzen, sie werden Auswirkungen auf das Leben auf der Erde für tausende von Jahren haben.
Eine klare Absage erteilt der Bericht zudem der reinen Technologiegläubigkeit – oder wie Papst Franziskus es umfassender benennt, dem technokratischen Paradigma. So wichtig und erfolgreich technologische Weiterentwicklungen sind, nur mit diesen können wir eine lebenswerte Welt in Zukunft nicht mehr sichern. Es benötigt einen Wandel des Konsums und der Lebensstile überall auf der Welt aber insbesondere in den reichen Regionen.
Zudem adressiert der Bericht indirekt die gegenseitigen Fingerzeige vieler Staaten und Menschen beim Klimaschutz (wie in „Unser kleines Land trägt ja nur minimal zum globalen Treibhausgasausstoß bei“ oder „Die anderen sollten zuerst tun“), indem er in verschiedensten Erkenntnissen darauf hinweist, dass jedes zehntel Grad bei den Auswirkungen und bei der Anpassungsfähigkeit zählt.
Aus dem Bericht zieht die Koordinierungsstelle auch ganz klar Rückschlüsse für die Politik in Österreich. Es braucht einen klaren gesetzlichen Pfad zu Klimaneutralität bis 2040, einen sofortigen und massiven Ausbau der erneuerbaren Energie und zugleich die Reduktion des nationalen Energieverbrauchs. Da wir der Klimakrise nur effektiv durch internationale Kooperation begegnen können – was der IPCC Bericht auch hervor streicht – benötigt es eine stark steigende Unterstützung für Länder des globalen Südens in ihren Aktivitäten zum Klimaschutz, zur Anpassung an die Erderhitzung sowie bei Schäden und Verlusten. Und es braucht neben finanziellen Mitteln auch Kooperation im technischen Bereich anstatt der derzeit vorangetriebenen Ausbeutung von (erneuerbaren) Energieressourcen anderer Länder.
Die Koordinierungsstelle und ihre Mitglieder wollen den Empfehlungen des Berichts folgen und gehen den Weg voraus. Neben den richtungsweisenden Entscheidungen der österreichischen Bischofskonferenz zur Reduktion der diözesanen Treibhausgasemissionen um 60% bis 2030 unterstützen wir mit Spendengeldern und Kirchenbeitragsmitteln unsere Partner*innen im globalen Süden bei der Anpassung und beim Klimaschutz, beim Schutz von Menschenrechten oder auch bei der Anpassung der Landwirtschaft. Zudem leisten unsere Mitglieder vielfältige Bildungsarbeit in Österreich, um die Veränderung unseres Lebensstils anzustoßen und zu begleiten.
Ressourcen