KOO fordert Einhalten von Finanz-Versprechen auf Klimakonferenz
Zunehmende Fluten und Dürren zerstören fortlaufend die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen insbesondere in Ländern des globalen Südens, wie diesen Sommer in Pakistan, Nigeria oder dem Horn von Afrika. Während alle Staaten der Welt massive Investitionen in den Klimaschutz und die Anpassung an die Klimakrise tätigen müssen, sind gerade jene Staaten, welche am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben am stärksten von den Auswirkungen betroffen, weil sie aufgrund ihrer geografischen Lage und ihrer eingeschränkten Ressourcen dem viel weniger entgegensetzen können.
Um als Weltgemeinschaft der Klimakrise als der zentralen Herausforderung dieses Jahrhunderts zu begegnen, müssen die Industrienationen – allen voran die EU mit Österreich – bestehenden Verpflichtungen nachkommen: 100 Mrd. USD pro Jahr für Klimafinanzierung beitragen, die finanziellen Mittel für Anpassungsmaßnahmen verdoppeln, ergebnisorientiert für ein neues und detailliertes wissenschafts- und bedürfnisbasiertes Finanzziel ab 2025 verhandeln und nicht zuletzt die finanzielle Unterstützung bei unwiederbringlichen Schäden und Verlusten.
Gerade die Klimakonferenz in Afrika hat heuer die Chance eine Plattform zur Äußerung dieses umfangreichen Unterstützungsbedarfs der afrikanischen Länder und generell der ärmsten Länder der Welt zu werden.
1. Das 100 Milliarden USD Ziel
Wir sehen zum wiederholten Male, dass selbst nach den offiziellen Zahlen der Industrienationen die versprochenen 100 Milliarden USD jährlicher Unterstützung ab 2020 nicht erreicht wurden. 2020 waren es lediglich 83,3 Milliarden USD. Der vor wenigen Tagen erschienene Statusbericht zur Erreichung dieses Ziels gibt kaum neue Informationen her und ob 2023 nun 100 Milliarden USD an Klimafinanzierung an Entwicklungsländer zur Verfügung gestellt werden, bleibt offen. Um das Versprechen der Industriestaaten von 2009 – welches die Basis für bisherigen Verhandlungen und nationalen Klimaziele war – müssen die Industriestaaten jedoch in Summe 600 Milliarden USD von 2020 bis 2025 zur Verfügung stellen. Dementsprechend muss das Jahresziel in Zukunft weit übertroffen werden.
Auch Österreich muss hier noch einen gewaltigen Beitrag leisten, da Österreichs internationale Klimafinanzierung mit um die 300 Millionen Euro jährlich nicht besonders hoch ist und zudem zu einem Großteil aus Krediten an die Privatwirtschaft besteht. Daher ist sie mit der Pandemie im Jahr 2020 auch enorm eingeknickt.
In Glasgow konnte sich die Staatengemeinschaft darauf einigen, dass Finanzierung für Anpassungsmaßnahmen bis 2025 verdoppelt werden soll. Gerade Österreich, mit einem äußerst kleinen Anteil an Anpassungsfinanzierung hat hier eine große Aufgabe vor sich. Wir dürfen jedoch auf Ägypten gespannt sein, denn die Bundesregierung hat bereits vorangemeldet, dass sie auf der COP eine Ankündigung zur Anpassungsfinanzierung machen werden. Hier wäre ein Beitrag zum Adaptation Fund, welcher letztes Jahr kläglicher Weise nicht geleistet wurde, zu begrüßen. Ebenso muss Österreich im kommenden Jahr bei der Widerauffüllung des Green Climate Fund seinen Beitrag von 130 Millionen auf 4 Jahre zumindest halten – besser erhöhen, um seinem Sitz im Board des GCF gerecht zu werden.
2. Das neue globale Ziel: New Collective Quantified Goal
Bis zum Jahr 2025 soll ein neues globales finanzielles Unterstützungsziel erarbeitet werden. Wir fordern, dass dabei aus den Fehlern des 100 Milliarden-Ziels Lehren gezogen und das neue Ziel genauer festgelegt wird.
Zuerst benötigt es eine klare Definition, was Klimafinanzierung ist, bevor über Zahlen gesprochen wird, denn das Anrechnen von Kreditvergaben in voller Höhe und das Verschweigen der verzinsten Rückzahlungen darf nicht weiterhin Praxis der Industrieländer bleiben.
Zudem muss das neue Ziel bedürfnisorientiert und wissenschaftsgeleitet sein. Nur eine Zahl zu nennen, ohne zu berücksichtigen, ob die Unterstützung ausreicht, ist geradezu fahrlässig. Und auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Auswirkungen der Erderhitzung müssen sich in der Weiterentwicklung des Ziels widerspiegeln.
Zudem darf am Ende nicht mehr nur eine Zahl stehen. Dem Problem, dass es zu wenig Geld für Anpassung an den Klimawandel gibt und quasi kein Geld für Schäden und Verluste muss mit klaren Subzielen zu Anpassung, Klimaschutz sowie Verluste und Schäden begegnet werden. Zudem braucht es Ziele für echte Zuschüsse und hoch-konzessionelle Finanzierung, damit Länder des globalen Südens durch massive Kreditvergabe nicht noch weiter in die Schuldenfalle getrieben werden.
Darüber hinaus sollte auch ein eigenes Prozentsatz-Ziel zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt angezielt werden – zusätzlich zu dem 0,7% Ziel für Entwicklungszusammenarbeit. Denn der steigende Bedarf an Klimafinanzierung kann nicht durch das Umschichten von historischen zugesagten Entwicklungsbudgets kompensiert werden.
3. Finanzielle Mittel für Schäden und Verluste
Es ist nun endlich Bewegung in Verhandlungen über die finanzielle Unterstützung bei unwiederbringlichen Schäden und Verlusten durch die Klimakrise gekommen. Die EU muss die am stärksten betroffenen Staaten im Falle von Wetterkatastrophen verlässlich unterstützen, wie dies bereits eine Selbstverständlichkeit in unseren eigenen Ländern ist.
Auch die Österreichische Bundesregierung muss im Finanzrahmen der kommenden Jahre Mittel für Schäden und Verluste für ihre internationalen Partner*innen vorsehen.
Der in Glasgow gestartete Glasgow Dialogue on Loss and Damage muss endlich – und zwar bereits auf der COP27 – einen eigenen Finanzmechanismus für die Finanzierung von Schäden und Verlusten beschließen, insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten. Die sogenannte Loss and Damage Finance Facility wird von einer Vielzahl an gefährdeten Entwicklungsländern sowie der Zivilgesellschaft massiv eingefordert. Zur Finanzierung dieses Mechanismus bedarf es neuer innovativer Quellen wie zum Beispiel die Umleitung bestehender Förderungen für fossile Energie in diesen Schadensbekämpfungs-Topf. Schlussendlich muss aber auch Schuldenerlass ein generelles Instrument zur finanziellen Unterstützung für Klima-Maßnahmen werden.
Weitere Themen
Weit über die Kernthemen der UN Klimakonferenz hinaus ragen zwei weitere Aufgabengebiete, die endlich auch starke Impulse von der COP27 benötigen.
Das dritte Ziel des Pariser Abkommens ist die Ausrichtung aller globalen Finanzströme an den Klimaschutzzielen des Pariser Abkommens. Hier geht es darum, dass keine Investitionen – egal ob von öffentlichen oder privaten Akteur*innen – getätigt werden sollen, welche uns der Klimakatastrophe noch näher bringen. Dieses eigentlich sehr mächtige Ziel wurde auf den bisherigen Verhandlungen äußerst vernachlässigt. Die EU und andere Staaten wollen es nun wieder auf die Agenda setzten. Die COP27 muss ganz unmissverständliche Signale an die Finanzwelt setzen, dass Investitionen in Klimazerstörung sich nicht mehr rechnen werden.
Schlussendlich müssen auch die auf der letzten Klimakonferenz zaghaft begonnen Schritte zur Absage an den Klimakiller Nummer 1, die fossilen Brennstoffe, verstärkt und ohne Wenn und Aber das Ende der Finanzierung dieser beschlossen werden. Die aktuelle Energiekrise in Europa kann dafür vielleicht Impulsgeberin sein.