EU-Waldschutzgesetz
Wien/Brüssel: Am 12. Juli diskutiert der Umweltausschuss im EU-Parlament Änderungsanträge für einen eigenen Entwurf des EU-Waldschutzgesetzes. Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Gesetz könnte eine Trendwende im Kampf gegen die globale Waldzerstörung einleiten, aber der EU-Ministerrat will es massiv schwächen. Ein Bündnis aus der Menschenrechtsorganisation Südwind, der Arbeiterkammer, der Naturschutzorganisation WWF Österreich, der Dreikönigsaktion der katholischen Jungschar, dem Welthaus Graz und der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz warnt daher vor einer Verwässerung durch die EU-Mitgliedsländer.
„Die Verhandlungsposition des EU-Ministerrats hat so viele Schlupflöcher wie ein Nudelsieb. Damit würde die Zerstörung wertvoller Lebensräume unverändert weitergehen. Stattdessen braucht es ein starkes Waldschutzgesetz, das keine Umgehungen zulässt”, fordern die Organisationen. Das breite Bündnis ruft die österreichischen Abgeordneten im Europäischen Parlament dazu auf, für ein starkes Gesetz einzutreten und die Verwässerungen durch den Ministerrat nicht hinzunehmen. Das geplante Waldschutzgesetz muss wirksame Kontrollen und Sanktionen vorsehen. Nur dann kann ein Ende der globalen Waldzerstörung für EU-Importe erreicht werden. Die EU ist im globalen Vergleich Vizeweltmeisterin beim Import von Rohstoffen, für deren Erzeugung Wälder zerstört wurden - darunter allen voran Soja, Palmöl, Rindfleisch, Holz, Kaffee, Kakao, Mais und Kautschuk.
„Die Verhandlungsposition des EU-Ministerrats strotzt nur so vor Schlupflöchern. Vor allem die Möglichkeit, Rohstoffe bis zum Erzeugungsort zurückzuverfolgen und die Mittel, das Gesetz wirksam durchzusetzen, wurden enorm geschwächt”, so Südwind-Waldschutz-Experte Joachim Raich. Das Instrument der Kommission, die Rohstoffe wie zum Beispiel Palmöl präzise zum Anbauort zurückverfolgen zu können – nämlich die Angabe von Geokoordinaten – wurde stark verwässert. Damit wäre eine Überprüfung, ob Entwaldung stattgefunden hat, in der Praxis unmöglich. Die Durchsetzung wurde massiv geschwächt, da die Sorgfaltspflichten für große Händler auf dem EU-Markt beseitigt und der Zugang zur Justiz für Geschädigte gestrichen wurde. „Wir wissen, dass für ein in der Praxis wirksames Gesetz große Händler mit in die Pflicht genommen werden müssen. Die Erfahrung mit der Holzhandelsverordnung zeigt, dass die vielen Schlupflöcher massiv ausgenutzt werden und somit Unmengen an gesetzeswidrigen Rohstoffen auf dem EU-Markt landen”, so Raich.
„Die Abholzung und Schädigung von Wäldern geht unmittelbar mit gravierenden Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen einher“, betont die Europarechtsexpertin der Arbeiterkammer Wien Julia Wegerer. „Wir fordern daher, dass die Verordnung international anerkannte Menschen- und Arbeitsrechte klar erfassen muss. Diese Sichtweise hat im Übrigen auch das EU-Parlament bereits in einer Entschließung kundgetan.“
Der WWF fordert einen besseren Schutz für Regenwälder, Feuchtgebiete und Savannen. Daher müssen die geplanten EU-Regeln für alle Rohstoffe und Produkte gelten, die weltweit für großflächige Naturzerstörung sorgen. “Die rücksichtslose Erschließung neuer Anbauflächen vernichtet immer mehr sensible Ökosysteme. Daher braucht es transparente Lieferketten und wirksame Kontrollen, damit diese Zerstörung nicht mehr auf unseren Tellern landet”, sagt Hannah-Heidi Schindler, Expertin für nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich. Sowohl die Europäische Kommission als auch der EU-Ministerrat haben sehr viele Lücken in den Entwurf eingebaut.
Außer Acht gelassen wird auch der Schutz der Rechte von Indigenen und Kleinbauern und Kleinbäuerinnen. Dabei gelten Indigene als die besten Bewahrer*innen der Biodiversität, wie es auch der Weltbiodiversitätsrat anerkannt hat. „Dass Entwaldungen zu massiven Rechtsverletzungen im Globalen Süden führen, zeigen zahlreiche Beispiele aus unseren Partnerländern. Die EU sollte deswegen jede Möglichkeit nutzen, um sich für die Stärkung der international anerkannten Menschenrechte einzusetzen. Die Rechte der Indigenen gemäß der ILO Konvention 169 und die Rechte der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen gemäß der UN-Deklaration müssen in der Verordnung einerseits konkret erfasst, aber auch implementiert werden” so Teresa Millesi, Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar und ihrer Dreikönigsaktion.