Schöpfungsverantwortung: Kirchliches Lob für Regierungsprogramm
Die Schöpfungsverantwortung ist prominent schon in der Präambel zum türkis-grünen Regierungsprogramm erwähnt "und kann daher als allgemein gültige Ausrichtung für diese Regierung angenommen werden". Das hat die Koordinierungsstelle (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission als "sehr positiven" Punkt im Übereinkommen von ÖVP und Grünen genannt - ebenso wie die angekündigten klimapolitischen Maßnahmen. Auch das Thema Entwicklungszusammenarbeit bekomme im Vergleich zur ÖVP-FPÖ-Regierung allein schon textlich mehr Aufmerksamkeit, hieß es in einer Stellungnahme am Dienstag.
Einschränkend hielt die Fachstelle der Bischofskonferenz für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) fest, dass allerdings keine der im Regierungsprogramm angeführten Vorhaben mit Finanzsummen oder Zeiträumen konkretisiert seien: "Das bedeutet, dass angesichts der Fülle der avisierten Maßnahmen im Gesamtprogramm - insbesondere die wichtigen klimapolitischen Schritte bei gleichzeitig angestrebtem Nulldefizit - anzunehmen ist, dass die entwicklungspolitischen Agenden ein Nachsehen haben werden", befürchtete KOO-Geschäftsführerin Anja Appel gegenüber "Kathpress". Als unkonkrete "Leerformel" erscheine ihr die oft gehörte Beteuerung, die staatlichen Entwicklungsgelder in Richtung 0,7-Prozent des BNP "schrittweise" zu erhöhen.
Die von der Regierung angestrebte "signifikante Erhöhung des österreichischen Beitrags zum Green Climate Fonds" erachtete Appel als besonders positiv. Dies dürfe freilich nicht das einzige externe Klima-Geld bleiben, es sei beispielsweise auch mehr bilaterale Klimafinanzierung notwendig.
Einige Aussagen im Regierungsprogramm zur EZA sei "dem geopolitischen Interesse der Flüchtlingsvermeidung bzw. wirtschaftspolitischen Interessen geschuldet", was den genannten positiven Eindruck ebenfalls trübe. Die Agenda 2030 mit ihren nachhaltigen UN-Entwicklungszielen (SDGs) werde zwar "rhetorisch aufgewertet", bei der Analyse der einzelnen Politikfelder und der Wahl der Instrumentarien komme sie allerdings kaum vor, bemängelte Appel weiters. Auch eine strukturiert und hochrangige Verankerung der SDGs sei nicht formuliert worden. "Das ist enttäuschend und bedeutet, dass auch die neue Regierung noch ein tiefergehendes Verständnis der Agenda 2030 entwickeln müsste, um ernsthaft deren Erreichung anzustreben", so Appel.
Nicht mehr "Bremser" bei Menschenrechten?
Positiv wiederum bewertete die Expertin, dass in einigen Kapiteln wie der Handelspolitik die Bedeutung der Menschenrechte und Österreichs Engagement dafür festgehalten seien. Das lasse hoffe, das in multilateralen Prozessen Österreich künftig als "Motor für mehr Menschenrechte" auftritt, "statt bislang als neutral oder gar punktuell auch Bremser".
Dass an einigen Stellen im Regierungsübereinkommen die Zivilgesellschaft als Gesprächspartnerin bei Konsultationsprozessen genannt wird, erscheint der KOO als eine "Wiederherstellung des Normalzustands", der vor der türkis-blauen Regierung bestanden habe.
Bedenklich erscheint der KOO, dass Österreich durch den Import bestimmter landwirtschaftlicher Produkte wie Soja und Palmöl die Ausbeutung und Abholzung der Regenwälder Amazoniens und Südostasiens anfache. Die Regierung solle unbedingt ihr Vorhaben umsetzen, Produkte mit Palmöl zu kennzeichnen und dessen Verwendung zur Erzeugung von Kraftstoff zu stoppen. Zu begrüßen sei auch die geplante Unterstützung des Umstiegs auf heimische und europäische Eiweißquellen für Futtermittel, um eine Abkehr vom Importprodukt Soja zu erreichen.
Regierungsprogramm: "Aktion Leben" hoffnungsvoll
"Das Regierungsprogramm lässt hoffen", kommentierte die "Aktion Leben" am Dienstag die Tatsache, dass sich im Übereinkommen von ÖVP und Grünen wichtige Forderungen des überkonfessionellen, überparteilichen Verein wiederfänden: Verankerung der Menschenwürde in der Verfassung, Beibehalten des Verbots der Leihmutterschaft, Einführung eines zentralen Keimzellspenden-Registers, Ausbau von Familienberatungsstellen, Sicherung des Kindesunterhalts und bessere Unterstützung werdender Mütter wurden in einer Aussendung als Beispiele genannt. Vermisst werde seitens der "Aktion Leben" jedoch die "Einführung einer anonymen Statistik über Schwangerschaftsabbrüche" als Basis für Prävention, so Präsident Johann Hager, hier gelte es "ideologiefrei nachzubessern".
Erfreulich sei, dass der Ausbau von Familienberatungsstellen im Regierungsprogramm mehrfach angekündigt werde und dafür auch eine Budget-Erhöhung festgeschrieben sei, merkte Hager an. Er hoffe, dass beide Punkte auch rasch umgesetzt werden.
Beharrlich fordert die "Aktion Leben" weiterhin seriös erhobene Informationen über Abtreibungen sowie die wissenschaftliche Erforschung der Motive dafür. Hager erwähnte, dass die türkisgrüne Regierung "in anderen Bereichen sehr wohl auf der Basis von Fakten agieren" wolle, dies sei auch bei der Prävention von Schwangerschaftsabbrüchen angezeigt. "Dazu rufe ich die neue Regierung auf und dafür setzt sich die Aktion Leben weiterhin mit aller Kraft ein", kündigte deren Präsident an.
Ansonsten zeigte sich Hager "überwiegend zufrieden" mit jenen Plänen der neuen Regierung, die Schwangerschaft, Geburt und das Leben mit Kindern betreffen: "Der Anfang des Lebens wird zunehmend als Schlüsselphase für die psychische und physische Gesundheit der nächsten Generation begriffen." Die "Aktion Leben" begrüßte insbesondere die Erhöhung des Familienbonus, dessen Auszahlung als Negativsteuer an Eltern mit geringem Einkommen und die Sicherung des Unterhalts für Kinder. Ebenso sei das gezielte Einbinden der Väter in die Betreuung der Kinder wichtig und weiter zu forcieren.