LeiterInnen katholischer Entwicklungsorganisationen fordern dringenden Handlungsbedarf bei Klimaschutz und einen Wechsel hin zu einer Post-Wachstums-Ökonomie
Wir, die LeiterInnen katholischer Entwicklungsorganisationen, welche zusammen in mehr als 120 Ländern der Welt tätig sind, um soziale Gerechtigkeit zu fördern, reagieren auf den Sonderbericht zur globalen Erwärmung um 1,5 Grad Celsius, der heute vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) herausgegeben wurde, indem wir dringende Maßnahmen zum Klimaschutz fordern.
Die kommende UN-Klimakonferenz (COP 24, Katowice, Polen, Dezember 2018) muss als entscheidende Instanz genutzt werden, das Klimaabkommen von Paris 2015 konkret zu implementieren. Darüber hinaus müssen die Regierungen IPCC-Bericht zufolge dringend ihre Anstrengungen verstärken: es ist Realität, dass wir uns mittlerweile dem Weg Richtung Erwärmung um 3,5 Grad Celsius oder mehr befinden, also weit entfernt vom 2015 avisierten 1,5 Grad-Ziel.
Bei der Begrenzung einer Erwärmung um lediglich 1.5°C geht es schlicht um das Überleben der Menschheit und es wäre machbar, wenn mutige politische Anstrengungen jetzt in Angriff genommen werden: die Hindernisse, den Klimawandel abzuschwächen, sind rein politischer Natur! Jetzt brauchen wir mehr als je zuvor politische Führungspersönlichkeiten, die die Sache ernst genug nehmen, um uns von dem aktuellen Emissionsweg wegzuführen. Es ist ein moralischer Imperativ, denn er erinnert uns an die dramatischen Gefahren für die Menschen und den Planeten, die bereits heute die Verletzlichsten zu spüren bekommen. Unsere derzeitigen Emissionen haben Auswirkungen auf den Rückgang der Biodiversität, die erzwungene Absiedelung von Millionen von Menschen, den Verlust von landwirtschaftlichen Erträgen, welche die Lebensmittelsicherheit bedrohen, den Anstieg des Meeresspiegels und die Erwärmung der Ozeane, die den Naturraum Meer gefährdet mit direkten Konsequenzen für die Fischerei.
Wir rufen daher zu einem kompletten Paradigmenwechsel auf: Klimawandel kann nicht isoliert angegangen werden.
Unser aktueller Bericht The Climate Urgency: Setting Sail for a New Paradigm erläutert, wie durch einen tiefgreifenden Wandel in unserer Art der Lebensmittelerzeugung und Energiegewinnung, unterstützt durch strukturelle Änderungen des Lebensstils und gesellschaftliche Veränderungen, ein großer Beitrag zu einer globalen Erwärmung von lediglich 1,5°C geleistet werden kann. All das ohne sich dabei auf ungeprüfte technikbasierte Ansätze wie Negativemissionen oder Geoengineering allein zu verlassen. Das zeigen auch einige Zukunftspfade des IPCC-Berichtes auf.
Wir müssen aus fossilen Brennstoffen aus- und auf erneuerbare Energieformen umsteigen. Auch die Finanzen sollen in diese Alternativen gelenkt werden. Unser Niveau des Energieverbrauchs muss angesichts der planetaren Grenzen, überdacht werden. Wir müssen auf ökologische Landwirtschaft umstellen, um die Agroökosysteme wieder zu diversifizieren, unsere Ernährung umstellen, die Produktion und den Konsum von Fleisch und Milchprodukten reduzieren, Lebensmittelproduktion und –verarbeitung in vermehrt regionalen Kreisläufen organisieren, um den Verlust und die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden und Ernährungssouveränität aufzubauen.
Inspiriert durch unsere Partnerorganisationen an der Basis sehen wir den Bedarf, unser derzeitiges Bild von Entwicklung und Fortschritt zu hinterfragen, das zur Zerstörung unseres Planeten geführt hat. Eine Postwachstumsökonomie, die aufhört, die natürlichen Ressourcen der Erde auszubeuten, könnte zu einer Lösung der vielfältigen ökologischen, sozialen, ökonomischen und politischen Krisen beitragen.
Reichere Länder sollten sich vom Wachstumsparadigma abwenden und einen Wachstumsrückgang in Betracht ziehen, und dabei lebendige Gemeinschaften unterstützen, die sich der Suffizienz verschrieben haben. Unsere Vision ist die eines guten Lebens für alle. Das wird nur gehen, wenn wir miteinander teilen. Unsere gemeinsame Verantwortung ist es, die Schöpfung zu bewahren damit die nachfolgenden Generationen in Frieden und Harmonie mit der Natur leben können.
“[…] Darum ist die Stunde gekommen, in einigen Teilen der Welt einen gewissen Wachstumsrückgang zu akzeptieren und Hilfen zu geben, damit in anderen Teilen ein gesunder Aufschwung stattfinden kann.” Schreibt Papst Franziskus in seinem starken Aufruf nach ökologischer und sozialer Gerechtigkeit, in seiner Enzyklika Laudato Si’, mit der eine systemische Sicht auf den Klimawandel eingeleitet wurde.
Liste der UnterzeichnerInnen:
Lieve Herijgers, Broederlijk Delen, Belgien
Chris Bain, CAFOD, England & Wales
Benoît Faucheux, CCFD – Terre Solidaire, Frankreich
Dianna Ortiz; OSU (interim President), Center of Concern, USA
Josianne Gauthier, CIDSE, International
Kees Zevenbergen, Cordaid, Niederlande
Serge Langlois, Development & Peace, Kanada
Axelle Fischer; Entraide et Fraternité, Belgien
Marian Caucik, eRko, Slowakei
Bernd Nilles, Fastenopfer, Schweitz
Jorge Libano Monteiro, FEC, Portugal
Gianfranco Cattai, Focsiv–Volontari nel Mondo, Italien
Anja Appel, Koordinierungsstelle, Österreich
Clara Pardo Gil, Manos Unidas, Spanien
Gerry Lee, Maryknoll Office for Global Concerns, USA
Pirmin Spiegel, MISEREOR, DeutschlandDeutscland
Patrick Godar-Bernet, Partage Lu, Luxemburg
Alistair Dutton, SCIAF, Schottland
Eamonn Meehan, Trócaire, Irland
Relevante CIDSE Publikationen: