Letzte Verhandlungsrunde vor entscheidender Klimakonferenz
Seit Dienstag verhandeln die Staaten der Welt wieder um die Zukunft unseres Klimas. Die 2000 Delegierten und Beobachter, welche sich für eine Woche in Bangkok treffen, haben die Aufgabe, umfangreiche Entscheidungen für die kommende Klimakonferenz in Polen im Dezember dieses Jahres vorzubereiten. Österreich hat dabei diesmal eine besondere Aufgabe, da es aufgrund der EU Ratspräsidentschaft die gemeinsame Stimme der EU koordinieren muss.
Es liegt viel Arbeit vor den Verhandler/innen in Bangkok, um die entscheidende Klimakonferenz COP24 in Polen zu einem Erfolg zu machen und damit die Erfüllung des wegweisenden Pariser Klimaabkommens von 2015 sicherzustellen. Dazu muss vor allem das umfangreiche Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Abkommens beschlossen werden und der sogenannte „Talanoa Dialog“ – ein offener Austausch zwischen den Staaten – zu mehr und schnelleren Klimaschutzmaßnahmen aller Länder der Welt beitragen. Das dafür noch sehr viele Verhandlungstage und –nächte und vor allem äußerste Kompromissbereitschaft der Verhandler/innen notwendig sein wird, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass heute angekündigt wurde, den Starttermin der COP24 um einen Tag auf den 2. Dezember nach vorne zu verlegen, um mehr Zeit für die Schlussverhandlungen herauszuschlagen.
Die Ausgangslage für die laufenden Verhandlungen in Bangkok lässt jedoch den nötigen Rückenwind vermissen. So konnte das vorangegangene Treffen im Mai in Bonn nicht die erwartete Klarheit über konkrete Verhandlungsoptionen in vielen Bereichen des Regelwerks bringen. Das Ergebnis waren vielmals lange Dokumente und viele Listen anstatt konkret verhandelbarer Text für die notwendigen Regeln. Auf politische Dialoge in den letzten Monaten zeigten keine wesentlichen Schritte der Länder aufeinander zu. Einig ist man sich nur, dass dieses Regelwerk unbedingt fertiggestellt werden muss. Hinzu kommt, dass immer noch 77 von 192 Ländern den zweiten Teil des Kyoto Protokolls – welches den Klimaschutz von 2013-2020 reguliert – nicht unterzeichnet haben und damit dieses Protokoll nicht in Kraft getreten ist. Immerhin ist es dem innereuropäischen Troublemaker Polen, welches die Präsidentschaft der COP24 innehat, nach einer überraschenden Vakanz im Frühjahr gelungen mit Michał Kurtyka einen Präsidenten zu nominieren, der etwas Vertrauen der Verhandlungspartner/innen genießt.
Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass der scheidende COP23 Präsident, Fidschis Premierminister Frank Bainimaram zur Eröffnung der Verhandlungen am Dienstag eindrücklich festhielt, dass die Regierungen noch nicht genug auf die Konferenz in Polen vorbereitet sind: „In three months’ time we will be in Katowice, and frankly, we are not ready. I don’t think that statement should surprise anyone in this room.” Damit ist gemeint, dass viele Teile des Regelwerks zur Implementierung des Pariser Abkommens noch bei weitem nicht klar ausgearbeitet und teilweise sogar Rückschritte hinter bisherige Verhandlungsergebnisse zu befürchten sind. Unter die offenen Punkte fallen u.a. die Regeln zur Transparenz und Berichte über Emissionseinsparungen, Adaptionsmaßnahmen und bereitgestellte finanzielle Mittel sowie Regeln zum Verkauf von Emissionszertifikaten (und dabei die Prävention von Doppelzählungen der Einsparungen) sowie die Unterstützung bei klimawandelbedingten Verlusten und Schäden. Über vielem hängt das Thema Finanzierung, welches vor allem den Entwicklungsländern wichtig ist, um ihre Klimamaßnahmen umzusetzen. Positiv stimmt daher die angeblich sehr gute Arbeitsatmosphäre in Bangkok und dass zur Halbzeit durchaus Fortschritte im Verhandlungstext zu sehen sind.
Die Koordinierungsstelle arbeitet seit einigen Jahren insbesondere zum Berichtswesen der internationalen Klimafinanzierung und daher beunruhigt uns die aktuelle Entwicklung in Bangkok, dass einige westliche Ländern versuchen, gemeinsame Standards zum Bericht über geleistete Klimafinanzierung auszuhebeln. Wenn jedes Land berichtet, was es berichten will, dann kann nicht von international verbindlichen Zielen gesprochen werden! Zudem wird versucht Zahlenspiele zum rechnerischen Aufblasen der bereitgestellten Klimafinanzierung zu institutionalisieren, welche im Bereich der Entwicklungsfinanzierung bereits verboten sind. Leider ist auch Österreich bisher vorne dabei, wenn es darum geht Kredite für Klimamaßnahmen – welche zu einem guten Teil zurück bezahlt werden müssen – in der gleichen Höhe als Klimafinanzierung anzurechnen, wie tatsächliche Subventionen. Die Koordinierungsstelle plädiert hier stärkstens dafür, dass die Staaten sich ein Beispiel an der Entwicklungsfinanzierung nehmen und nur das „grant equivalent“, also die tatsächliche Vergünstigung eines Kredites im Vergleich zum Marktpreis als, Leistung des geldgebenden Staates anerkennen.
Bangkok in Thailand und Kattowitz in Polen mögen geografisch weit auseinander liegen, dennoch ist der Weg zwischen den beiden Klimaverhandlungs-Schauplätzen ein sehr kurzer – die Zeit ist also knapp. Der im letzten Jahr angestoßene Talanoa Dialog hatte drei Leitfragen, die letzte ist: „Wie kommen wir an unser Ziel?“ Genau auf diese Frage müssen sich die Entscheidungsträgerinnen in den nächsten Tagen und in den kommenden drei Monaten konzentrieren. Wie kommen wir zu einem globalen Regelwerk, welche uns ermöglich das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und damit einen lebenswerten Planeten für allem Menschen und zukünftige Generationen zu sichern?
Dazu benötigt es zuerst einmal große Verhandlungsfortschritte bis Sonntag in Bangkok. Aber auch außerhalb der trockenen Verhandlungsräume kommt viel in Bewegung.
- Am 8. September findet ein weltweiter Aktionstag unter dem Motto „Rise for Climate“ statt. Mit tausenden Demos und Veranstaltungen wird dabei weltweit von öffentlichen Stellen verlangt, dass sie sich zu einem Aufbau einer Welt ohne Kohle, Öl und Gas verpflichten.
- Vom 12. bis 14. September zeigt der Global Climate Action Summit wie Staaten, Regionen, Städte, Unternehmen, Investoren und nicht zuletzt Bürgerinnen und Bürger Klimamaßnahmen vorantreiben.
- Am 6. Oktober veröffentlicht der Weltklimarat IPCC den hoch brisanten Bericht zur Klimaerwärmung auf 1.5 °C, von dem erwartet wird, dass er neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aufzeigt, wie extrem dringen eine sehr rasche Umsetzung von Klimamaßnahmen ist und wie die globale Erwärmung noch auf 1,5 °C eingedämmt werden kann.
- Nicht zuletzt erwarten wir uns auch noch von der EU, dass sie vor Dezember Vorschläge zu ihrem langfristigen Klimazielen bis 2050 vorlegt. Übrigens wurde vor einigen Tagen der von der KOO unterstützte People‘s Climate Case, eine Klage von 10 Familien gegen die EU wegen unterlassener Klimaschutzmaßnahmen, vor dem Europäischen Gerichtshof zugelassen. Mit einem Solidaritätsbrief können die Familien unterstützt werden.
- Und in den nächsten Wochen wird sich auch die Allianz Klimagerechtigkeit mit gemeinsamen Forderungen von 24 Entwicklungs und Umweltorganisationen an die Österreichische Regierung wenden, damit unsere EU Ratspräsidentschaft besser zu globaler Klimagerechtigkeit beiträgt.