Aktuelle Klimaverhandlungen: Der lange Weg nach Polen
Am Montag hat die erste Runde der heurigen Klimaverhandlungen in Bonn begonnen. Bis zur großen Konferenz im Dezember in Polen müssen die Umsetzungsrichtlinien für das Pariser Klimaabkommen fertiggestellt werden und der sogenannte Talanoa Dialog soll die Staaten zu ambitionierteren Klima-Maßnahmen motivieren. Folgende Themen stehen im Zentrum der Debatten.
Das Klimaabkommen umsetzen: „Paris Rulebook“
In vielen Detailverhandlungen geht es derzeit darum, wie die einzelnen Kapitel des Klimaabkommens von Paris von allen Staaten gleichermaßen umgesetzt werden müssen. Diese Regeln werden zeigen, wozu das Pariser Abkommen tatsächlich fähig ist. Es kann damit verwässert oder gestärkt werden.
So oder so müssen die Verhandlungen darüber bis Dezember 2018 abgeschlossen sein. Daher dürfen am Ende dieser Zwischenverhandlungen keine langen Optionenpapiere oder Themensammlungen herauskommen, sondern die Delegierten müssen eine klare Textbasis für die nächste Verhandlungsrunde liefern, damit in Polen ein konsistentes globales Regelwerk beschlossen werden kann.
Ein zentraler Punkt in diesem Regelwerk wird die Transparenz über Beiträge der Staaten zum Klimaschutz (inklusive deren Verbindung zur Erreichung der SDGs) und klare Regeln für die Übertragung von Treibhausgaseinsparungen zwischen Ländern (und auch Akteur/innen außerhalb des Pariser Abkommens, wie dem internationalen Flugverkehr) sein.
Die Welt auf 1,5° Kurs bringen: Talanoa Dialogue
Der im letzten Jahr gestartete Talanoa Dialogue soll dazu dienen, das Vertrauen und die Kooperation zwischen den Staaten zu stärken und Ideen für stärkere Klimaschutzmaßnahmen ans Tageslicht zu bringen. Diese für viele Stakeholder offene Prozess muss darauf hinauslaufen, dass alle Staaten ihre Klimaschutzmaßnahmen erhöhen, um sie in Einklang mit einem maximalen Temperaturanstieg von 1,5°C bis 2’C zu bringen. Dazu müssen die neuen nationalen Beiträge (NDCs) bis 2020 ambitioniert überarbeitet werden.
Auch unser internationaler Dachverband CIDSE hat basierend auf den Prinzipien der Katholischen Soziallehre einen ersten Beitrag zum Dialog geleistet. Wir erwarten uns Mitte nächster Woche nicht nur gute Berichte zu den geführten Dialogen und eine Sammlung an Möglichkeiten die nationalen Beiträge zu erhöhen, sondern auch konkrete Ergebnisse, wie die globalen Klimaschutzambitionen gesteigert werden können.
Mit Klimaschäden verlässlich umgehen: „Loss and Damage“ jenseits von Versicherungen
Vom Klimawandel verursachte Verluste und Schäden sind bereits heute an allen Ecken und Ende der Welt sichtbar (bei erst 1°C Erderwärmung!). Es ist daher unverständlich wieviel Zurückhaltung es von den Hauptverursacher-Staaten des Klimawandels gibt, wenn es darum geht Mechanismen zum Umgang damit zu finden. Dabei brauchen bedrohte Länder, Gemeinschaften und Ökosysteme ausreichend Ressourcen um die zukünftigen klimabedingten Katastrophen bestehen zu können.
Der dafür erschaffene „Warsaw International Mechanism for Loss and Damage“ (WIM) hat jedoch noch kaum Früchte getragen und soll im kommenden Jahr überarbeitet werden. Dafür muss eindeutig geklärt werden was Finanzierung für Verluste und Schäden bedeutet, wer diese Unterstützung benötigt und um welches Finanzvolumen es sich handelt.
Sehr kontraproduktiv ist dabei derzeit die versuchte Engführung der Debatte über die Finanzierung von Maßnahmen zum Ausgleich von Verlusten und Schäden auf Versicherungs-Finanzinstrumente. Sicherlich sind Versicherungen ein Baustein im Umgang mit zukünftigen Katastrophen. Aber jemand muss diese Versicherungen auch bezahlen (wohl nicht jene, die so wie so den größten Schaden haben) und gegen einen langsam ansteigenden Meeresspiegel (also keine einmalige Katastrophe) lässt sich kaum eine Versicherung konstruieren. Es wird also beträchtliche neue Volumen an öffentlichen Finanzmitteln brauchen und dabei wird man um neue faire globale Finanzquellen (wie Steuern) nicht herumkommen.
Die Landwirtschaft mitbedenken: „Korovina Joint Work on Agriculture”
Bei der Klimakonferenz im November 2017 konnte ein Durchbruch für die weiteren Verhandlungen um die globale Rolle der Landwirtschaft im Klimawandel erreicht werden. Nun gilt es den Prozess für die Behandlung aller Themengebiete möglichst klar (Ziele, Ergebnisse, Zeitlinie), inklusiv (wertvolle Beiträge von Kleinbäuer/innen und Zivilgesellschaft), in Koordination mit andern Arbeitssträngen (Überarbeitung der NDCs) und basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen (IPCC Bericht über das 1,5°C Ziel und über Landnutzung und IPBES Bericht über Biodiversität) festzulegen.
Klimamaßnahmen ausreichend finanzieren: richtig zählen und verlässlich bezahlen
Schon im Jahr 2009 wurde beschlossen, dass bis zum Jahr 2020 jährlich 100 Mrd. US-Dollar an Klimafinanzierung für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden sollen. Es braucht heute jedoch klare Signale der Industrieländer, dass und wie dieses Ziel tatsächlich erreicht wird.
Zudem muss bis Jahresende ein klares Regelwerk stehen, was als Klimafinanzierung angerechnet werden darf – Zahlenspielereien mit gewinnbringenden Krediten und generelle Zuschläge für die Mobilisierung von privaten Mitteln durch öffentliche Gelder sind sicherlich kein Weg um das Vertrauen der Entwicklungsländer zu gewinnen und die notwendigen Veränderungen für eine klimasichere Zukunft herbeizuführen. Es braucht ein klares Berichtswesen auf Einzelprojektbasis, eine Meldung der tatsächlichen Zuschüsse zur Klimafinanzierung (grant equivalent) auch für Kredite und ähnliches, das Verhindern von Doppelzählungen und verlässliche Zusagen über die künftig zu erwartende Finanzierung für Entwicklungsländer. Ebenso sollten die Staaten die vorgesehene Wiederbefüllung des Green Climate Funds (GCF) und des Adaptation Funds im Blick behalten.
Klimaschutz von 2013-2020: Das zweite Kyoto Protokoll
Schlussendlich sind bei den laufenden Verhandlungen die tatsächlichen Aktionen der Industriestaaten vor dem Inkrafttreten des Pariser Abkommens (also vor 2020) ein wichtiges Signal für die Verlässlichkeit der Zusagen der Industriestaaten. Dabei spielt die 2012 beschlossene zweite Periode des Kyoto Protokolls (Doha amendmends) eine große Rolle, da es die verbindlichen Klimamaßnahmen bis 2020 regelt. Es ist jedoch noch nicht in Kraft getreten, da es bisher zu wenige Staaten ratifiziert haben. Es fehlen noch 33 von 192 Ländern um das Protokoll in Kraft treten zu lassen. Diese Hürde sollte ausgehend von Gesprächen in Bonn in den nächsten Monaten genommen werden, damit sich die Verhandlungen in Zukunft auf die wichtigeren Fragen der Umsetzung des Pariser Abkommens konzentrieren können.