Klimaverhandlungen auf Ziellinie – KOO: Abkommen wird Herausforderungen nicht gerecht
Geleitet von den Worten von Papst Franziskus, hat die Katholische Kirche ebenso wie hunderttausende Menschen auf den Straßen der ganzen Welt Regierungen aufgefordert, die moralische Dimension ihrer politischen Entscheidungen ernst zu nehmen. „Die ärmsten Gesellschaften, die am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden, sollten im Zentrum der Debatten in Paris stehen. Die Sorge um das gemeinsame Haus erfordert den Klimawandel als komplexe soziale und ökologische Krise zu akzeptieren“, zeigt Heinz Hödl, Präsident des Weltdachverbandes katholischer Hilfswerke (CIDSE) und Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) die Erwartungen auf.
Das Pariser Klimaabkommen, so wie es nun am Tisch liegt, vereint erstmals fast alle Staaten der Welt darin, die Eindämmung des menschengemachten Klimawandels als gemeinsame Aufgabe anzuerkennen. Dieses sehr positive Signal wird jedoch dadurch konterkariert, dass das Abkommen zentralen Herausforderung des Klimawandels - wie sie auch Papst Franziskus benennt - nicht gerecht wird: „die Armut zu bekämpfen, den Ausgeschlossenen ihre Würde zurückzugeben und sich zugleich um die Natur zu kümmern“ (LS 139).
Kirchen und Zivilgesellschaft weisen den Weg
„An dieser sozial-ökologischen Herausforderung wird sich die gesamte Menschheit in den kommenden Jahren beweisen müssen. Als Kirche und Zivilgesellschaft müssen wir weiterhin die politischen Entscheidungsträger/innen in die Pflicht nehmen und zugleich auf dem Pfad von individuellen Veränderungen voranschreiten“, so der Appell von Hödl. Denn außerhalb der Verhandlungen zeigten überall auf der Welt Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel, dass ein ambitionierter Klimaschutz bereits Realität ist. Der lange vorbereitete Klimagipfel in Paris sollte auf diesem Weg einen weiteren Meilenstein setzen. Der aktuelle Entwurf werde jedoch weder der globalen Klimabewegung gerecht, noch rücke er den Schutz der Ärmsten und Verletzlichsten dieser Erde in den Mittelpunkt.
1,5-Grenze erstmals anerkannt
Im Laufe der zweiwöchigen Verhandlungen bekannten sich immer mehr Staaten zur anzuzielenden Obergrenze der Erderwärmung von maximal 1,5 Grad, wie es auch von jüngeren wissenschaftlichen Publikationen untermauert wird. Am Donnerstag rief auch der Vatikan zur Einhaltung dieser Obergrenze auf, wie dies zuvor schon die Österreichische Bischofskonferenz tat. Im vorliegenden Abkommen bleibt zwar die 2 Grad Grenze das Maß der Bemühungen, erstmals erkennen jedoch alle Staaten an, dass das 1,5 Grad Limit eine deutlich größere Chance bietet, den Lebensraum der Menschen in besonders vom Klimawandel betroffenen Regionen zu erhalten. Dies öffnet die Tür für größere Schritte zur Begrenzung von Treibhausgasemissionen und dessen regelmäßige Überprüfung.
Klimafinanzierung und Umgang mit Verlusten und Schäden noch strittig
Weitgehend ungeklärt und Hauptgegenstand der bis Samstag verlängerten Verhandlungen ist die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern und der angemessene Umgang mit Verlusten und Schäden. Dabei zeigt sich die mangelnde Bereitschaft der Länder zur gerechten Aufteilung der Lasten für den Klimaschutz und dem Umgang mit Klimawandelfolgen. Die Bestätigung der Industrienationen zur Bereitstellung von 100 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2020 für Klimaschutzmaßnahmen und Klimawandelfolgen-Anpassung in Entwicklungsländern und die notwendige Steigerung dieser Beträge ab 2020 ist als wichtiges Signal zu werten. Es bleibt jedoch bisher unklar, wie der zukünftig weitaus höhere Bedarf an Unterstützungsleistungen aufgebracht werden soll.
Klimawandelfolgen bedrohen das Recht auf Nahrung von Millionen
Auch die Bekämpfung von Armut und Klimawandel kann nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Das bisherige Abkommen von Paris erkennt diesen Zusammenhang in der Präambel zwar an.„Die Unterstützung der ärmsten Staaten bei der Klimawandelanpassung und beim Umgang mit unwiderruflichen Schäden und Verlusten hat aber nicht den Stellenwert, der für die Herstellung von Klimagerechtigkeit nötig ist. Insbesondere wird hier auch die Tatsache, dass Klimawandelfolgen Menschenrechte wie das Recht auf Nahrung massiv bedrohen im Haupttext ignoriert. Dabei droht rund 600 Millionen Menschen Hunger, sollte sich die Erde um 2 Grad Celsius erwärmen.
Abkommen muss sich in nationaler und internationaler Politik wiederfinden
Nach dem Beschluss in Paris muss das Klimaabkommen umgehend unterzeichnet und schon im Vorfeld des Inkrafttretens in nationale und internationale Aktionspläne Einzug halten. Auch die österreichische Regierung muss die Reduktion der absoluten Treibhausgasemissionen mit gesteigerter Ernsthaftigkeit angehen und ihren angemessenen zusätzlichen Beitrag zur weltweiten Klimagerechtigkeit durch internationale Klimafinanzierung aus langfristigen Quellen und nichtfinanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern leisten.