ODA Zahlen 2020: Österreichs Entwicklungszusammenarbeit ignoriert Pandemie-Notwendigkeiten
Die heute veröffentlichten vorläufigen Zahlen für 2020 zeichnen jedoch nach einem Jahr der COVID-19 Pandemie kein erfreuliches Bild für Österreichs Leistungen. Der marginale Anstieg der ODA-Quote von 0,28 auf 0,29 Prozent des BNE (von 1.230 auf 1.237 Mio. USD in absoluten Zahlen) ist weit weg von den angezielten und im Regierungsprogramm bestätigten 0,7%. Zudem ist der Anstieg im Wesentlichen nicht auf öffentliche Zuschüsse, sondern auf Kredite für den Privatsektor zurückzuführen. Andere europäische Länder wie Deutschland oder Frankreich zeigen ihre Verantwortung in Zeiten der globalen Krise dagegen mit zweistelligen Erhöhungen der ODA (+13.7% und +10.9% respektive).
„Wir begrüßen einerseits die Initiativen der Bundesregierung zur Erhöhung der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und des Auslandskatastrophenfonds. Andererseits ist das Verharren auf einem so niedrigen ODA-Niveau weder ökonomisch sinnvoll noch moralisch vertretbar“, meint Anja Appel, Leiterin der KOO, mit Verweis auf die aktuelle Pandemie-Situation, die voranschreitende Erderhitzung, zunehmende Konflikte sowie global steigendem Hunger, Armut und Ungleichheit. COVID-19 habe schon jetzt die Entwicklungs-Bemühungen der letzten 25 Jahre enorm zurückgeworfen und treffe die bisher schon geschwächten Staaten am härtesten, ergänzt Appel. „Es braucht insbesondere durch die global voranschreitende Gesundheitskrise einen klaren Pfad für Österreich, seinen internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden und die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7% des BNE zu erhöhen“, fordert Appel abschließend.
Das globale Bild zur Entwicklungsfinanzierung zeigt der Staatengemeinschaft verschiedene Herausforderungen auf: Die Mitglieder des Development Assistance Committee haben nach den heute veröffentlichten Zahlen gemeinsam 161,2 Mrd. USD an öffentlicher Entwicklungsfinanzierung geleistet. Das bedeutet einen Zuwachs von 3,5 Prozent zu 2019 und eine ODA-Quote von 0,32 Prozent des gemeinsamen BNE. Während einerseits die geplante Entwicklungsfinanzierung vieler Länder trotz zurückgehenden Staatseinnahmen – bei jedoch oftmals sinkendem BNE – gehalten werden konnte, haben andererseits im vergangenen Jahr andere Regierungen ihre nationalen Corona-Maßnahmen vor ihre internationalen Verpflichtungen gestellt. Um die Ziele der Agenda 2030 (SDGs) zu erreichen, müssen jedoch nicht nur aktuelle Entwicklungsbudgets erhalten, sondern ausgebaut werden, um weltweit aus der Gesundheitskrise wieder aufzutauchen.
Die KOO weißt jedoch nicht nur auf das unzureichende finanzielle Niveau der ODA Leistungen hin, sondern zeigt auch bedenkliche Entwicklungen der Anrechnungspraxis der Industrieländer auf. „In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Finanzinstrumente als Entwicklungszusammenarbeit anrechenbar, welche mit dem tatsächlichem Budgetaufwand der Geber-Länder nichts mehr zu tun haben“, zeigt sich Martin Krenn von der KOO besorgt. Damit würde die ursprüngliche politische Vision der ODA als Messinstrument für die globale Armutsbekämpfung und Entwicklungsunterstützung geschwächt. Überbewertung von Entwicklungskrediten, Doppelanrechnung von Krediten und Entschuldung, Anrechnung von Investitionen ohne Gegenrechnung von zugehörigen Gewinnen sowie Wahlfreiheit bei manchen Zählungsmodalitäten ermöglichen unter dem von den DAC-Mitgliedern geschaffenen Deckmantel der ‚Modernisierung der ODA‘ eine Aufblähung und Verwässerung der Darstellung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit. „DAC-Mitglieder wie Österreich sind in den kommenden Jahren gefordert, die internationale Statistik zur Entwicklungsfinanzierung, also die ODA, zu reparieren oder sie wird durch Ungenauigkeit in der Bedeutungslosigkeit versinken. Das würde einen enormen Schaden sowohl für die OECD sowie auch für alle öffentlichen Entwicklungsakteure bedeuten und schlichtweg die verlässliche Datengrundlage der Entwicklungsfinanzierung zerschmettern“, urteilt Krenn.
Weiterführende Informationen:
- Presseaussendung des OECD DAC mit den offiziellen Zahlen für 2020
- Gemeinsame Aussendung der KOO mit 76 zivilgesellschaftlichen Organisationen
- Aktueller Kommentar der ÖFSE zur ODA 2020
- Analyse des internationalen Entwicklungsdachverbandes Eurodad
Rückfragehinweis:
Martin Krenn, KOO – Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz, 0676 769 8431, m.krenn@koo.at