Die Agenda 2030 und der Beitrag der Religionen
Das Hauptziel war es, einen Raum zum Erfahrungsaustausch zu eröffnen, der aufzeigt, welche Bedeutung die Religionen bei der Umsetzung der Agenda 2030 spielen bzw. spielen könnten. Es sollte auch die Möglichkeit geboten werden, gemeinsame Wege zu identifizieren und die Anstrengungen auf dem UN-High-Level-Political-Forum und danach bis 2030 sichtbar zu machen. Viele UN- und RegierungsvertreterInnen waren in den Vatikan eingeladen worden, um die Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen, religiösen und politischen Akteuren zu stärken. Die ReligionsvertreterInnen wiederholten vor Ort ihren Aufruf an die VertreterInnen der Politik, Programme aufzusetzen, die die kirchlichen Aktivitäten in Sachen Agenda 2030 absichern oder gar verstärken, angefangen bei dem Aspekt, die Teilhabe der Zivilgesellschaft innerhalb der UN-Prozesse zu gewährleisten.
Das Programm war eine Mischung aus praktischen und theoriebezogenen Berichten von verschiedensten religiösen VertreterInnen. Für alle schien die Agenda 2030 ein wichtiges Instrument zu sein, die schon lange vorher begonnene Arbeit in den Bereichen Frieden und Gerechtigkeit fortzusetzen. Dieses Instrument bietet zudem noch mehr Möglichkeiten für die Bildung neuer Allianzen, hat eine klare Ziel- und Zeitvorgabe und erhöht insgesamt den Druck gegenüber Regierungen, effektive Schritte einzuleiten.
Während der Konferenz wurde allgemein betont, dass die Agenda 2030 eine nie dagewesene Anstrengung der Vereinten Nationen darstellt, die 17 Nachhaltigkeitsziele in ihrer Verbindung untereinander sichtbar zu machen und die Abhängigkeiten zwischen sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen zusammen anzugehen. Aber da sie keine einfache Materie darstellt, die jedenfalls einer Übersetzung für die Öffentlichkeit bedarf, sind insbesondere religiöse Organisationen gefragt, den Menschen die Inhalte näher zu bringen und sie in die Umsetzungsarbeit miteinzubeziehen.
Die Enzyklika Laudato si' wurde von verschiedensten ReligionsvertreterInnen immer wieder als weit ambitionierteres Dokument als die Agenda 2030 benannt. Denn Laudato Si beschreibte nicht nur Krise, die die Menschheit erlebt, als eine die soziale, kulturelle, ökonomische und ökologische Dimensionen umfassende Krise, sondern biete auch einen Ansatz für Lösungen. Dieser setzt an bei der Abkehr vom dominanten Paradigma des Wachstums „um jeden Preis“ und ein Hinwenden eines/einer jeden, um den „Schrei der Erde und der Armen“ zu hören, zu verstehen und daraufhin ins Handeln zu kommen. Im Gegensatz dazu basiert die Agenda 2030 auf einem Modell des ökonomischen Wachstums, das das System erhält, welches Ungleichheit, Ungerechtigkeit und ökologische Schäden verursacht. Und obwohl die Agenda 2030 die ökologische Nachhaltigkeit und die Entwicklungsagenden zusammengebunden hat, bietet sie zugleich doch das Schlupfloch, sich auf Aktivitäten zu fokussieren, die ein “business as usual” erlauben und so alle Machtfragen unangetastet lassen und die Umsetzungserfolge lediglich anhand ökonomischer Bilanzen bewertet. Außerdem stehen die SDGs zusätzlich in der Kritik, weil sie Antworten auf dringende Gesellschaftsfragen vermissen lassen, wie etwa die dramatische Geschwindigkeit der Klimaveränderungen, die Zunahme weltweiter Menschenrechtsverletzungen und die wachsende Ungleichheit.
Die KonferenzteilnehmerInnen waren sich mehrheitlich einig, dass die Agenda 2030 einen guten Zweck erfüllt, um zu Handlungen für nachhaltige Entwicklung aufzurufen bzw. die eigenen nachzuschärfen. Aber es darf den Religionsgemeinschaften nicht der Fehler passieren, ein System zu erhalten oder zu stabilisieren, das Auslöser der vielen weltweiten Krisen war und ist und dass es eigentlich zu ändern gilt. Religionen haben viel eher den Einfluss, die Dringlichkeit und Ambition einzumahnen, die innere Umkehr und Handlung auf individueller, kollektiver und politischer Ebene voranzubringen. Sie haben den Vorteil, dass sie tief verhaftet sind in der Ausrichtung an Werten des Friedens, der Solidarität und der Schöpfungsverantwortung, allesamt Aspekte der religiösen Erziehung und Erfahrungen. Darüber hinaus sind Religionsgemeinschaften natürlich ganz besonders aufgerufen, das umzusetzen, über das sie reden. Die Konferenz bot dazu eine guten Ort des Austauschs und gegenseitigen Motivation. Alle wurden darin bestärkt, weiterhin den Dialog mit der Politik zu führen und vor allem noch mehr den Indigenen zuzuhören und von ihnen und ihrer Gottes- und Schöpfungsbeziehung zu lernen. Gerade Indigene können uns an die Heiligkeit der Schöpfung erinnern, und sollten mit ihren Zugängen und Anliegen im Zentrum der Umsetzung der Agenda 2030 stehen.
Ein Slogan wurde auf der Konferenz geboren: „Niemand ist so klein, dass sein/ihr Handeln keine Wirkung hätte und niemand so groß, dass sie/er es allein schaffen kann.“
> Link zur Nachricht Papst Franziskus´ an die Konferenz-TeilnehmerInnen