Ehemalige DAC Vorsitzende warnen vor Gefährdung der ODA-Statistik
In einem gemeinsamen Brief an den aktuellen Vorsitz des Development Assistance Committees (DAC) der OECD warnt die ehemalige Vorsitzende der DAC Statistik-Arbeitsgruppe, die Österreicherin Hedwig Riegler, gemeinsam mit den ehemaligen DAC Vorsitzenden Brian Atwood und Richard Manning vor der Gefährdung der Integrität der globalen Zahlen über internationale Gelder zur Entwicklungszusammenarbeit (ODA).
Das OECD DAC erhebt jährlich das Volumen der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Aid, ODA), jene Mittel, welche von Industriestaaten an Entwicklungsländer zum Zweck der Armutsreduktion und für andere Entwicklungsziele zur Verfügung gestellt werden. Was dabei als Entwicklungsgelder gezählt werden darf, wird derzeit einer Reform unterzogen. Riegler und ihre Koautoren weisen äußerst bestimmt darauf hin, dass die „Modernisierung“ der Berichtskriterien sehr stark politisch motiviert ist und dass unter dem vorherrschenden Einfluss der Finanzministerien die Klarheit, Glaubwürdigkeit und die statistische Integrität der Berichte gefährdet wird.
Insbesondere heben die Autor/innen des Warnbriefes die Diskussion rund um die Veränderung der Regeln zu Privatsektorinstrumenten (wie Garantien und Eigenkaptialbeteiligungen zu fast marktkonformen Konditionen) hervor. Dabei werde ein zentrales Prinzip der ODA torpediert: der konzessionelle Charakter der Mittel. Konzessionalität drückt aus, dass Entwicklungsmittel einen Aufwand für die Geberländer darstellen, also nicht rückzahlbare oder verbilligte Finanzmittel für Entwicklungsländer sind. Die aktuellen Vorschläge zu Privatsektorinstrumenten würden dieses zentrale Prinzip streichen und beginnen, sozusagen Äpfel mit Birnen zu vergleichen (ODA mit anderen öffentlichen Finanzflüssen). Die Expert/innen weisen noch auf weitere Probleme mit den Privatsektorinstrumenten hin: beliebige Anrechnungsprozentsätze zum „grant equivalent“, eine willkürliche Übergrenze für Anrechnung dieser Mittel, die kaum zu bearbeitende Komplexität der Anrechnungsregeln für eine relativ geringe Summe an ODA.
Abschließend weisen die Autor/innen darauf hin, dass Privatsektorinstrumente durchaus sinnvoll für die Entwicklungszusammenarbeit sein können, diese aber nicht als ODA abgebildet werden sollten. Ansonsten könne die UN auch das nicht offizielle Mandat der OECD als globale Statistikstelle für Entwicklungsfinanzierung hinterfragen. Die Kriterien für Privatsektorinstrumente sollten laut den Autor/innen daher eher nochmal von vorne erarbeitet werden, wobei auch die Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingebunden werden sollte.
Dieser im Dezember 2018 veröffentlichte Brief verstärke einige von der Koordinierungsstelle und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen bereits mehrmals geäußerte Bedenken zur Reform der ODA Kriterien im Bereich der Privatsektorinstrumente. Die Koordinierungsstelle begrüßt daher die Empfehlungen von Riegler und ihren Koautoren. Das Jahr 2019 wird für die zukünftige Glaubwürdigkeit der ODA als zentrale Kenngröße für finanzielle Mittel der Entwicklungszusammenarbeit ein entscheidendes Jahr werden, wie auch unser internationales Netzwerk Eurodad in zwei Beiträgen hervorstreicht (Why 2019 is a Make-or-Break Year for International Aid, 4 critical steps to ensure international aid works for the poorest people).
Der veröffentlichte Brief der DAC Vorsitzenden ist hier zu finden.