NGOs: Österreich bei UN-Nachhaltigkeitszielen säumig
Mehr als 80 österreichische NGOs gründen Bündnis "SDG Watch Austria" und fordern von Bundesregierung rasche Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs)
Wien, 27.9.2017 (KAP) Mehr als 80 österreichische NGOs haben sich zum Bündnis "SDG Watch Austria" zusammengeschlossen und fordern von der künftigen Bundesregierung einen konkreten Plan zur Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Bisher habe es kaum Fortschritte in Österreich gegeben, so Vertreter einzelner Organisationen bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. Die "kühnen und transformativen Schritte, die dringend notwendig sind, um die Welt auf den Pfad der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit zubringen, lassen jedoch in Österreich noch auf sich warten", heißt es in einem beim Pressegespräch in Wien vorgelegten Brief an die Bundesregierung. In anderen Ländern sei die Umsetzung schon viel weiter fortgeschritten. (Der Brief wurde von den Bündnismitgliedern wie auch weiteren NGOs - insgesamt 144 - unterzeichnet.)
Die Vereinten Nationen legte 2015 mit der Agenda 2030 und den darin enthaltenen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) einen Aktionsplan für die Menschen, den Planten und für Wohlstand fest. Den gelte es in Österreich und weltweit umzusetzen, fordern die mehr als 80 zum Bündnis "SDG Watch Austria" zusammengeschlossenen NGOs. Die Umsetzung der SDGs sei keine einfache Sache, aber nötig, um das gängige Wirtschaftsparadigma, das für Wegwerfkultur, Konsumismus, Ausbeutung, Ausgrenzung und Gewalt stehe, zu überwinden, betonte Heinz Hödl, Geschäftsführer der "Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission" (KOO).
Sie könnten als Richtschnur dienen, an der entlang eine positive Entwicklung zu einer globalen Welt möglich werde. "Die SDGs sind der Bauplan, dass es geht, nur wir müssen sie konsequent auf allen Ebenen umsetzten", so Hödl; denn klar sei, es werde nicht nur eine Veränderung des eigenen Lebensstil, sondern auch die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen brauchen. "Daher erwarten wir von der kommenden Regierung konkrete Schritte, hier wirklich konkret auf die Ziele zu schauen und in einer kohärenten Politik sie umzusetzen auch mit der Beteiligung von vielen zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen."
Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes Österreich (RKÖ), attestiert Österreich, dass die SDGs hier noch nicht wirklich angekommen seien, weder in der Zivilgesellschaft noch in der Politik. "Mir ist z.B. kein Mitglied in der Bundesregierung in Erinnerung, das sich öffentlich dazu geäußert hätte und dem die SDGs ein persönliches Anliegen wären." Er vermisse eine "offensive Vorgehensweise" der Regierung bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele.
Anstatt die SDGs als Chance zu sehen, würden sie viel mehr als Belastung verstanden werden. Kerschbaum forderte mehr Entschlossenheit, einen konkreten Fahrplan und ein gesichertes Budget für die Umsetzung der SDGs und regte an, sich die Tschechische Republik zum Vorbild zu nehmen. "Dort sind die SDGs von der Regierung zur Chefsache erklärt und es gibt eine eigene Stabsstelle, die sich darum kümmert."
An eine Welt ohne Hunger und Armut glaubt Anneliese Vilim von der "AG Globalen Verantwortung". Diese sei allerdings nur dann möglich, so die Geschäftsführerin, "wenn wir die Ursachen beseitigen, anstatt lediglich die Symptome zu bekämpfen". Mit den UN-Zielen für Nachhaltige Entwicklung habe die internationale Staatengemeinschaft vor zwei Jahren einen "Masterplan" dafür entwickelt, der von allen Ländern umgesetzt werden müsse. In Österreich geschehe dies jedoch "leider schleppend".
Die nächste Bundesregierung sei gefordert, einen konkreten und umfassenden Plan zur Umsetzung der SDGs vorzulegen. Es gehe um mehr Gerechtigkeit auf der Welt sowie darum, allen Menschen eine Lebensperspektive und damit Zukunft zu ermöglichen. Dies werde letztlich auch zu mehr Frieden und Sicherheit führen, so Vilim.
Neue Impulse für die Umweltpolitik, einen sachlicheren Diskurs und mehr Verantwortung für zukünftige Generationen erwartet sich durch die SDG-Umsetzung der Geschäftsführer des "Ökobüros" Thomas Alge. Die Diskussion um das Staatsziel Wirtschaftswachstum habe gezeigt, "dass wir hier in die ganz falsche Richtung unterwegs sind". In den SDGs sehe er die Chance, die großen Umweltthemen - vom Klimawandel, der gesundheitsgefährdenden Luftqualität bis zum dramatischen Verlust der Biodiversität - mit der Bedeutung der von Arbeitsplätzen und einem innovativen Standort in Einklang zu bringen. "Diese Chance wollen wir nützten."
Für Joahnna Mang von "Licht für die Welt" lautet das zentrale Motto der SDGs "leave no one behind". Dazu brauche es die wirkliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, um Probleme zu identifizieren, Lösungen zu finden und die Umsetzung zu monitoren. SDG müsse heißen: "Zeit für Inklusion!"
Dem Bündnis gehören neben den oben erwähnten Organisationen u.a. auch die ARGE Schöpfungsverantwortung, die Caritas Österreich, die Dreikönigsaktion, "Jugend Eine Welt", die Katholische Frauenbewegung oder die MIVA Austria an.
O-Töne von der Pressekonferenz sind in Kürze unter www.kahtpress.at/audio abrufbar.
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