Erwartungen der KOO an die 29. UN-Klimakonferenz
Den Großteil der globalen Treibhausgasemissionen und damit den Großteil der menschengemachten Erderhitzung haben die reichen Industrienationen verursacht während viele Staaten der Welt kaum genug Finanzkraft haben, um das tägliche Überleben ihrer Bevölkerung sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wurde vor bereits vor 15 Jahren auf der Kopenhagener Klimakonferenz festgelegt, dass die reichen Staaten alle Entwicklungsländer mit 100 Milliarden USD pro Jahr ab dem Jahr 2020 unterstützen müssen. Mit dem Pariser Abkommen wurde einerseits die 100 Milliarden Unterstützung bis 2025 verlängert und festgelegt, dass es ein neues, höheres Unterstützungsziel ab 2026 geben soll. Seit drei Jahren verhandeln die Staaten der Welt um dieses neue Ziel, welches nun auf der COP29 in Baku beschlossen werden soll. Nach jahrelanger Kritik am 100 Milliarden Unterstützungsziel gilt es, viele Lehren ziehen, damit das neue Finanzierungsziel zu globaler Klimagerechtigkeit beiträgt.
Orientiert an den Bedürfnissen und der Wissenschaft
Die zukünftige finanzielle Unterstützung für Klimamaßnahmen in den ärmsten Ländern der Welt muss an ihren Bedürfnissen und an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert sein. Schätzungen der Länder des globalen Südens zum Finanzierungsbedarf - für die nationalen Klimaziele, Anpassungsmaßnahmen sowie der Bewältigung von Schäden und Verlusten - reichen von einer Billion bis über fünf Billionen USD pro Jahr. Von wissenschaftlicher Seite her der Weltklimarat (IPCC) im letzten Sachstandsbericht klar dargelegt, dass die Finanzierung für Klimaschutz und Anpassung sich noch in diesem Jahrzehnt dramatisch erhöhen müssen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Diese internationalen Finanzmittel müssen zudem besser bei der am meisten betroffenen Bevölkerung und den ärmsten Staaten der Welt ankommen. Daher braucht es aus Sicht der KOO für Klimagerechtigkeit eine finanzielle Unterstützung von mindestens einer Billion USD pro Jahr in echten Budgetmitteln, um Klimaschutz und den Schutz der ärmsten Bevölkerung vor der Erderhitzung sicherzustellen. Die zukünftige Klimafinanzierung ist eine noch nie dagewesene finanzielle Herausforderung. Um diese zu meistern, wird es neue Steuern für die reichsten Umweltsünder ebenso wie eine umfassende Reform des globalen Finanzsystems benötigen.
Ein „harter Kern“ aus echten Budgetmitteln statt Krediten
Das neue Finanzierungsziel benötigt einen harten Kern – einen klaren jährlichen Mindestbetrag echter Unterstützungsleistungen – anstatt aufgeblasenen Zahlen. Derzeit besteht die internationale Klimafinanzierung durch die Industriestaaten zu rund 70% aus Krediten, welche mit Zinsen zurückbezahlt werden müssen. Und zeitgleich steuert die Welt auf eine enorme Schuldenkrise zu: 93 Prozent der am stärksten von der Klimakrise bedrohten Länder sind bereits heute überschuldet. Nur Zuschüsse und Kreditvergünstigungen – das sogenannte Zuschuss-Äquivalent – sind tatsächliche finanzielle Hilfen und können daher einer Verschärfung der Schuldenkrise entgegenwirken. Kredite und privatwirtschaftliche Investition sind nur in gewissen Bereichen sinnvoll einsetzbar. Für Anpassungsmaßnahmen und der Bewältigung von Schäden und Verlusten sowie für die Energiewende in den ärmsten Staaten braucht es Zuschüsse. Daher benötigt das neue Finanzierungsziel einen harten Kern aus öffentlichen Zuschüssen, um der Realität der ärmsten Länder zu entsprechen und einer globalen Schuldenkrise vorzubeugen. Die von reichen Staaten vorgebrachten Elemente, wie die Reform des globalen Finanzsystems und die Lenkung von privaten Investitionen sind ein wichtiges eigenständiges Thema, aber nicht innerhalb des Kernziels der Klimafinanzierung.
Gefährliche Fallstricke bei diesen Verhandlungen
Die Verhandelnden in Baku müssen für ein zufriedenstellendes und zukunftsfähiges Ergebnis einige Fallstricke vermeiden.
Allen voran darf keine Panik ausbrechen, angesichts der jüngsten Wahlergebnisse – die Fakten der Klimawissenschaft haben sich dadurch jedenfalls nicht geändert und auch die große wirtschaftliche Dynamik der Energiewende ist nicht mehr zu stoppen.
Es ist zudem äußerst hinderlich weitere verpflichtend mitzahlende Staaten als Bedingung für ein adäquates Finanzierungsziel fordern. Dies führt nicht zu einer substantiellen Erhöhung der Finanzleistungen, könnte jedoch zur Ausrede von Industrieländern aus ihrer Zahlungspflicht führen. Zudem ist die Klima-Finanzierung-Diskussion nicht der Ort um innerhalb von zwei Wochen die Ländergruppen des gesamten UN-Systems neu zu ordnen.
Weiters geht der undifferenzierte Fokus auf die Investition des Privatsektors an der Kernaufgabe der Unterstützung für Länder des globalen Südens vorbei. Nach Jahrzehnten Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit kann gesichert gesagt werden, dass private Investitionen nur einen sehr engen Einsatzbereich haben und sicher nicht Lücken der öffentlichen Finanzierung aufwiegen können.
Schlussendlich muss anerkannt werden, dass das dritte Ziel des Pariser Klimaabkommens, der sogenannte Artikel 2.1c zur Ausrichtung aller globalen Finanzströme an einer klimasicheren Entwicklung, nicht die zentrale Antwort für die notwendige öffentliche Klimafinanzierung darstellt. Dieses Ziel ist von enormer Wichtigkeit, soll es doch dazu klimaschädliche Investitionen stoppen, welche es nach wie vor in viel größerem Ausmaß gibt, als alle bisherige Klimafinanzierung gemeinsam. Es bedarf jedoch eines eigenen Verhandlungsstranges dafür anstatt das finanzielle Unterstützungsziel damit zu überfrachten.
Nur wenn diese Fallstricke umschifft werden, kann es zu einem gerechten neuen Klimafinanzierungsziel kommen, welches der Weltgemeinschaft ermöglicht, eine unaufhaltsame Erderhitzung zu verhindern.
Auch Österreich hat in Baku seinen Beitrag zu leisten. Als reicher Staat mit überdurchschnittlichen pro-Kopf-Emissionen müssen unsere nationalen Vertreter*innen gewillt sein, unseren gerechten internationalen Beitrag auch finanziell zu leisten. Denn schlussendlich stimmt, dass die Aufwendungen für globalen Klimaschutz, für den Schutz der Bevölkerung im Globalen Süden und für den Wideraufbau nach klimabedingten Katastrophen sind zuallererst Investitionen in eine stabile Zukunft sind.
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